Dorfpunks (1000 Filme: 5)

05.05.2009, 20.50 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 7), 5,00 €

05.05.2009, 20.50 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 7), 5,00 €

Wenn schon einmal ein Film in der eigenen Heimatstadt spielt und dann auch noch dort produziert wird, dann ist das natürlich ein Pflichttermin. Der aus Lütjenburg stammende Rocko Schamoni (aka Roddy Dangerblood) hatte schon vor ein paar Jahren ein Buch geschrieben, in dem er seine Punk-Jugend in Schmalenstedt schilderte. Im Vergleich zu diesem grandiosen Buch fällt der Film allerdings deutlich ab. Das eine ist die doch arg gewöhnungsbedürftige Musik, die man im Film hören muss, sich im Buch hingegen allenfalls vorzustellen brauchte. Eine eindeutige Fehlbesetzung ist aber das Milchgesicht Cecil von Renner als Roddy Dangerblood. Jemand, der die ganze Zeit lächelt, keinen Bartwuchs hat und ohne Probleme als Schwiegermutterliebling durchgehen kann, wirkt einfach nicht authentisch, wenn er sich Bier zum Stylen ins Haar kippt. Von Renner ist sicher ein guter Nachwuchsdarsteller, aber eben ungeeignet für diese Figur. Überhaupt hatte ich viele Dinge aus dem Buch deutlich härter in Erinnerung als sie im Film gezeigt werden. War da nicht was mit Rasierklingen, mit denen sich die Jungs zum Spaß in die Oberarme geritzt haben? Der Film zeigt es nicht nur nicht, es ist auch völlig undenkbar. Das Rebellieren bleibt Attitüde. Stattdessen wird vor allem in Panoramaaufnahmen die schöne Landschaft Ostholsteins gezeigt, in der Roddy mit seinen Freunden abwechselnd von links oder von rechts durchs Bild läuft. Das Drehbuch wäre also auf jeden Fall arg verbesserungsbedürftig gewesen.

Was den Film dann doch noch irgendwie rettet, ist der Plot – der stimmt nämlich. Wer Dorfpunks gelesen hat, weiß, dass Roddy Dangerblood sehr viel bürgerlicher ist, als er sich selbst zugestehen wollte. Im Grunde genommen wollte Roddy – anders als viele seiner Freunde – selbst etwas erreichen, sich selbst verwirklichen. Im Film entfremdet sich Roddy immer mehr von seinen Freunden, die entweder vollkommen im Drogensumpf steckenbleiben, eine Band, die überhaupt Musik macht, für faschistisch halten oder auf einmal dringend den elterlichen Trecker reparieren müssen. Nur Roddy bzw. Rocko Schamoni gelingt nicht nur der Ausbruch aus der Schmalenstedter Enge, sondern eben auch (sehr viel später) der Erfolg als Künstler.

Als zweites Plus hinzu kommt die Detailtreue des Films. Das eine sind die Originalschauplätze in Lütjenburg (vor allem Niederstraße und Gildeplatz), in Schönberg, am Hessenstein sowie im weltbekannten “Schröders” in Behrensdorf, das andere die Ausstattung: Woher bekommt man heute mehrere 100 Dosen “Karlsquell“-Bier (damals die Hausmarke der Firma Albrecht Discount), noch dazu mit den alten Verschlüssen? Auch bei den Fahrzeugen haben die Macher aufgepasst: VW Käfer, (Polizei-)Passat oder auch ein Bulli kommen vor, alle mit authentischen “PLÖ-” oder “OH-“Kennzeichen in altem Aussehen. Toll auch der Original-Reisebus Mercedes-Benz 0 303 (gestellt vom ebenso authentischen Reisedienst Kähler, die damit immer noch rumfahren). Am krassesten ist aber zweifelsohne der Ford Granada Kombi, mit dem Roddy und Konsorten unterwegs sind. Ford Granada ist Punk – wer hätte das gedacht.

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Versucht der Truck nach links zu schwenken…

…da hilft nur eines: Gegenlenken!

So sagte einst Didi, damals in Frankreich. Ein genialer Film, mit lauter tollen Sprüchen. Naja, zumindest fand ich sie vor zwanzig Jahren toll. Zum Beispiel:

Wie viele Achsen hat eigentlich so’n deutscher Laster?

oder

Frankreich ist so groß, besonders hier in der Gegend.

oder auch

Ist hier ein Lkw durchgefahren? Mit einem deutschen Kennzeichen?
– Ein deutscher Lkw? Lassen Sie mich mal überlegen… Aber ja, selbstverständlich! Ein großer Lkw, mit deutschem Nummernschild! Ja, das war genau… im September ’41!

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Beim Drugstore in Schmalenstedt

Früher, in Schmalenstedt, gab’s einen Spar-Supermarkt, direkt am Markt. Noch früher hieß er “Drugstore”, das sollte wohl irgendwie cool klingen. Immer freitags vormittags ging ich mit Mutti zu diesem Spar-Markt einkaufen. Während meine Mutter also den Wocheneinkauf erledigte, quengelte ich. Deswegen gab’s an der Fleischtheke immer schon ein Würstchen extra für mich. Ich weiß noch, wie faszinierend-beunruhigend ich es fand, dass ich das Würstchen schon aufessen durfte, während es noch nicht bezahlt war. Ja, über sowas habe ich mir durchaus Gedanken gemacht im Alter von vier, fünf Jahren.

Über der Fleisch-Bedientheke, ich kann mich noch genau erinnern, hing ein großes Papp-Werbe-Mobilé der CMA. Was da genau draufstand, weiß ich nicht mehr, aber es wird irgendwas dämliches in der Richtung sein, wie es sich heute auf der CMA-Website findet:

* Fleisch – hat immer Saison
* Geflügel – sicher ein Genuss
* Die Milch macht`s

Diese Werbesprüche sind eben so sinnvoll, wie sie sein können angesichts der Tatsache, dass die CMA nicht für spezifische Unternehmen, sondern für die deutsche Landwirtschaft insgesamt Werbung macht. Mit dem gleichen Effekt könnte man wohl mit einem Slogan wie “Atmet mehr Luft” werben.

Damals, in den Achtzigerjahren, war mir das natürlich nicht aufgefallen. Die CMA passte in die Zeit, genauso wie die Regelung, dass die Zeit des Winter- und Sommerschlussverkaufs gesetzlich vorgeschrieben war und die Läden um 18.30 Uhr schlossen (samstags um 13.00 Uhr). Das ist seit ein paar Jahren bekanntlich vorbei. Der Schmalenstedter Spar-Markt steht inzwischen schon seit Jahren leer. Nach dem heutigen Urteil des Verfassungsgerichts ist dann wohl auch Schluss mit der CMA.

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Uhr mit Ohrwurm

Vor ein paar Tagen bekam ich eine alte Junghans-Kaminsims-Uhr mit Schlagwerk, die die letzten dreißig Jahre bei meinen Eltern in Schmalenstedt auf dem Kleiderschrank ein klägliches Dasein fristete und der sonst die Ebay-Versteigerung drohte. Jetzt steht sie hier in Kiel in der Küche und erfreut uns durch ihren harmonischen Schlag zur halben und vollen Stunde. M. ist noch etwas skeptisch ob der Musik und vor allem ob des “bösartigen Getickes”, aber ich finde, es macht die Wohnung gleich doppelt so wohnlich.

Ding-dong

Ding-dong

Interessant ist nur, dass mich die Harmonie des Schlags immer an den Anfang des Kyrie aus der Dvorák-Messe in D-Dur erinnert, die ich im letzten Semester in der Studentenkantorei der Uni Kiel mitgesungen habe…

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Squirrel attack

Früher, in den Achtzigern, war alles besser. Twix hieß noch Raider und die Linkspartei noch SED. Und Eichhörnchen waren noch echte Eichhörnchen.

Obwohl es eigentlich nur ein Dorf ist, gab es in Schmalenstedt nie viele Eichhörnchen zu sehen. Die Tiere waren ebenso schreckhaft wie scheu und als Kinder freuten wir uns, wenn wir mal eins sahen. Jetzt wohne ich in der famosen Großstadt Kiel und die Viecher sind auf einmal ebenso abundant wie frech:

Gestatten, mein Name ist Horn, Eich Horn.

Gestatten, mein Name ist Horn, Eich Horn.

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Achter Achter Nullacht, Acht Uhr Acht

Gerade ist der 08.08.08, und es ist 8.08 Uhr morgens. Das erinnert mich an den 08.08.1988. Das war der Tag, an dem ich meinen Zahnarzt kräftig (!) in den Arm biss, weil mir seine Analgesie nicht zusagte. Kurz zuvor hatte ich meine Fahrradfahrkenntnisse etwas maßlos überschätzt und war furchtbar auf die Fr… geflogen. Aus dem Fenster beim Zahnarzt sah man das Standesamt, wo eine Hochzeit nach der anderen stattfand.

Ich glaube, meine Mutter hatte es an jenem Tag nicht leicht mit mir.

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