Katholische Kirche und Hamas

Ich ertappe mich gerade dabei, darüber nachzudenken, in die katholische Kirche einzutreten, um aus Protest austreten zu können. Grund dafür ist der Kurienkardinal Renato Martino, der in einem Interview folgendes geäußert hat:

Schauen wir uns die Bedingungen im Gaza-Streifen an: Das ähnelt immer mehr einem großen Konzentrationslager.

Ich möchte gar nicht im einzelnen durchgehen, aus welchen Gründen dieser Vergleich unzutreffend und geschmacklos, ja ekelhaft ist. Jedem denkenden Menschen erschließt sich das ganz von allein – hoffe ich.

Der gute Kardinal ist aber leider nicht allein mit seiner Auffassung. In Europa gibt es eine Vielzahl derartiger Israelkritiker, die den Abwehrkampf Israels gegen eine perfide Terrororganisation, die nur auf Provokation und Zerstörung aus ist und für ihre Ziele die eigene Bevölkerung als Geiseln nimmt, als überzogen kritisieren. Es bleibt aber (leider) dabei:

Wenn die Araber die Waffen niederlegen, wird es keinen Krieg mehr geben. Aber wenn Israel die Waffen niederlegt, wird es Israel nicht mehr geben.

Das gefällt mir natürlich auch nicht, und jeder tote palästinensische Zivilist ist einer zuviel. Aber die ganzen Besserwisser wie Kardinal Martino sind bislang auch nicht durch konstruktive Vorschläge aufgefallen, die darüber hinausgehen, dass Israel die Waffen niederlegen soll und akzeptiert, dass israelische Bürger Tag für Tag von der Hamas angegriffen werden.

Empfohlen ist übrigens ausdrücklich die Lektüre des Blogs “Letters from Rungholt“, auch mit einem Beitrag zu unserem katholischen Intellektuellen.

2 Kommentare


Wibke Bruhns: Meines Vaters Land (1000 Bücher: 2)

Wibke Bruhns: Meines Vaters Land. Geschichte einer deutschen Familie, Berlin 2004.

Wibke Bruhns Vater, Hans Georg Klamroth, Reserveoffizier der Wehrmacht, wurde am 26. August 1944 hingerichtet, weil er vom gescheiterten Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wusste, aber nichts dagegen unternommen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Bruhns noch ein kleines Kind; sie hat keinerlei Erinnerung an ihren Vater. In diesem Buch versucht sie, die Geschichte ihrer Familie und ihres Vaters aufzuarbeiten.

Bruhns setzt früh an. Die Familiengeschichte des Halberstädter Klamroth-Clans ist offenbar seit Mitte des 19. Jahrhunderts gut überliefert, und Bruhns erzählt somit nicht nur die Geschichte von Hans Georg (den sie “HG” nennt), sondern auch schon von dessen Vater – ihrem Großvater – Kurt. Somit liegt der Fokus gar nicht, wie man vielleicht vermuten mag, auf dem Zweiten Weltkrieg und der Hinrichtung des Vaters. Der Zweite Weltkrieg wird kaum umfangreicher beschrieben als der Erste.

Dieses Gleichgewicht ist die Stärke des Buches. Nach und nach verdichtet sich die Erzählung Bruhns zu einem Sittengemälde einer deutschen Familie des gehobenen Bürgertums, ihrer Verwicklung in die deutsche Geschichte, ihrer Mitschuld an Nationalsozialismus und Holocaust.

Eine Eigenschaft des Buches, die man als Schwäche verstehen kann, ist es hingegen, dass Bruhns sehr vieles, was sie über ihre Vorfahren berichtet, kommentieren oder verurteilen muss. Dadurch nimmt sie dem Erzählten einen Teil der Wirkung, die ohne diese Kommentare und Verurteilungen ungleich stärker gewesen wäre. Gleichzeitig macht dieses Sich-in-Beziehung-Setzen zur eigenen Familiengeschichte natürlich das Hauptanliegen der Autorin aus. Sie will nicht nur berichten, sie will verstehen und sie will werten. Am Ende ist Bruhns doppelt betrogen worden um ihren Vater. Weder war er im Widerstand tätig, noch hat er den Nationalsozialismus überlebt.

Keine Kommentare


Vicky Cristina Barcelona (1000 Filme: 2)

Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,00 €

23.12.2008, 19.00 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,00 €

Schon vor ein paar Wochen habe ich (mit M.) diese Woody-Allen-Komödie gesehen. Eigentlich wollte ich schon früher darüber schreiben, aber irgendwie fiel mir nichts Schreibenswertes ein. Der Film an sich ist ebenso seicht wie unterhaltsam: Zwei amerikanische Studentinnen kommen für einen Sommer nach Barcelona und lernen dort den feurig-klischeehaften Künstler Juan Antonio (Javier Bardem) kennen. Man sieht sich den Film schon deswegen gerne an, weil er im sommerlich-sonnigen Barcelona und nicht im winterlich-kaltfeuchten Kiel spielt. Scarlett Johansson (Cristina) bleibt hinter ihren Möglichkeiten zurück, was aber wohl auch am Drehbuch von Woody Allen liegt, der auch schon raffiniertere Filme gemacht hat. Rebecca Hall (Vicky) ist gut, weil ihre Rolle weit interessanter ist als die von Johansson. Am besten ist zweifelsohne Penélope Cruz, die die Ex-Frau (María Elena) von Juan Antonio spielt.

Das eigentliche Problem des Films ist, dass er sich nicht so recht entscheiden kann, ob er das, was er erzählt, ernst nimmt oder nicht. Etwas Distanzierung findet statt in der Form eines Erzählers, der in nervigem Tonfall dem Zuschauer erzählt, was er sowieso schon sieht. Mitunter hat man das Gefühl, gerade an den Stellen zu lachen, wo Woody Allen es eigentlich nicht komisch, sondern ernst meinte.

1 Kommentar


Waltz with Bashir (1000 Filme: 1)

Traum-Kino Kiel (Saal 2), 4,00 €

04.01.2009, 18.45 Uhr, Traum-Kino Kiel (Saal 2), 4,00 €

Schon vor ein paar Monaten hatte ich hier etwas über den “permanenten Kriegszustand” geschrieben, in dem sich Israel seit Jahrzehnten befindet: Rutu Modan war in sehr subtiler Art und Weise in ihrer Graphic Novel “Exit Wounds” damit umgegangen. Gestern habe ich nun (mit J. und N.) den animierten Film “Waltz with Bashir” gesehen, der das Thema viel direkter angeht. Der Regisseur und Erzähler, Ari Folman, hat einen “Dokumentarfilm im Zeichentrickgewand” gedreht, in dem er sich der verlorengegangenen Erinnerung an seinen Militärdienst widmet und stückchenweise, mit der Hilfe der Erinnerungen damaliger Kameraden und Zeitzeugen, rekonstruiert, was er damals während des Libanonkrieges 1982 erlebt hat.

In Europa kennen wir Krieg nur aus der Erinnerung unserer Eltern und Großeltern und aus dem Fernsehen. Wer sich in die Lage versetzen will zu erfahren, wie sich Krieg wirklich anfühlt, dem sei “Waltz with Bashir” empfohlen. Der Film zeigt anhand der Gesprächspartner eindrücklich, wie die israelischen Soldaten auch noch Jahrzehnte später unter der psychologischen Belastung ihrer Erlebnisse leiden. Gleichzeitig wird dabei nie geleugnet, dass der Krieg für die Libanesen ebenso traumatisierend war – die Darstellung des Massakers von Sabra und Schatila, das die israelischen Truppen im Libanon geduldet haben, gehört wohl zu den drastischsten Dingen, die jemals in Trickfilmform dargestellt worden sind: “Alles, was man sieht, ist erfunden – gezeichnet, koloriert -, aber nichts ist fiktiv.” Am Ende blendet der Trickfilm über zu Echtfilm-Material von Angehörigen, die nach dem Massaker um ihre ermordeten Verwandten trauern. Bis hierhin hat der Kunstgriff, das Geschehen als ästhetisierenden Trickfilm zu zeigen, funktioniert, doch am Ende schlägt die Grausamkeit des Krieges voll auf den Betrachter durch und lässt ihn während des Abspanns einigermaßen ratlos zurück.

Keine Kommentare


Der Lurch lässt mich nicht durch

Krokodilsautomatik am Demiurgenwerk: Das Computerspiel „Little Big Planet“ setzt einen Standard des verschrobenen Realismus

05.01.2009, S. 25 (Feuilleton)

Es handelt sich natürlich um einen Donaldismus aus Erika Fuchs‘ Feder.

2 Kommentare


Führer kritisiert Kapitalismus

Die friedliche Revolution von 1989 in der DDR ist nach Ansicht des früheren Pfarrers an der Leipziger Nikolaikirche Christian Führer noch nicht vollendet. […]

03.01.2009, S. 4 (Inland in Kürze)

Keine Kommentare


Helmut Schmidt wünscht "Abwesenheit von Angst"

– Wenn Sie heute in der Verlegenheit wären, eine Weihnachtsansprache halten zu müssen, was würden Sie den Deutschen wünschen?
– Ich würde ihnen Selbstvertrauen wünschen. Und, bitte sehr: die Abwesenheit von Angst.

Der neunzigjährige Altbundeskanzler Helmut Schmidt im Interview mit Giovanni di Lorenzo im Zeit-Magazin (“Auf eine Zigarette mit Helmut Schmidt”, 23.12.2008, S. 54)

Keine Kommentare


Frohe Weihnachten!

Rathaus Basel (Detail)

Rathaus Basel (Detail)

Ich wünsche allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest.

Keine Kommentare


Gans kurz vor Weihnachten

Unser Bild zeigt eine Hausgans aus Kiel, die wahrscheinlich nicht mehr lebt.

23.12.2008, S. 1

Keine Kommentare


Uhr mit Ohrwurm

Vor ein paar Tagen bekam ich eine alte Junghans-Kaminsims-Uhr mit Schlagwerk, die die letzten dreißig Jahre bei meinen Eltern in Schmalenstedt auf dem Kleiderschrank ein klägliches Dasein fristete und der sonst die Ebay-Versteigerung drohte. Jetzt steht sie hier in Kiel in der Küche und erfreut uns durch ihren harmonischen Schlag zur halben und vollen Stunde. M. ist noch etwas skeptisch ob der Musik und vor allem ob des “bösartigen Getickes”, aber ich finde, es macht die Wohnung gleich doppelt so wohnlich.

Ding-dong

Ding-dong

Interessant ist nur, dass mich die Harmonie des Schlags immer an den Anfang des Kyrie aus der Dvorák-Messe in D-Dur erinnert, die ich im letzten Semester in der Studentenkantorei der Uni Kiel mitgesungen habe…

1 Kommentar


« Ältere Einträge | Neuere Einträge »