Vor 10 Jahren: Der erste Sommer

Eigentlich sind es ja noch 67 Jahre zu wenig. Aber trotzdem: Vor zehn Jahren – am 11. August 1999 – war von Mitteleuropa aus eine totale Sonnenfinsternis zu sehen. Ich hatte damals gerade das Abitur gemacht, und was soll ich sagen – der erste Sommer danach, sozusagen das Fenster der Freiheit zwischen Schule und Zivildienst, war etwas ganz besonderes. Eine äußerst spontane Fahrt zu zweit mit dem Mercedes (natürlich ein W123) der verreisten Eltern nach Nordfrankreich, um die besagte Sonnenfinsternis anzusehen, gehörte auch dazu. (In Deutschland war’s bewölkt.) Nach der Anreise am 10. August und einer Übernachtung im Auto hinter einem Getreidesilo irgendwo bei Reims mussten wir am 11. August noch einige 100 km nach Nordwesten fahren, um einigermaßen gutes Wetter zu erwischen. Am Ende hatten wir es bis Amiens geschafft, wo wir dann tatsächlich ein recht beeindruckendes Erlebnis hatten.

Kermie war auch dabei

Kermie war auch dabei

Nachher fuhren wir noch spontan nach Paris und am Tag drauf an den Kanal nach Calais. Schön war’s. Und es ist schon ganz schön lange her.

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Stehplätze bei Ryanair?

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob nur jemand die Ryanair-Homepage gehackt hat oder ob Ryanair-CEO Michael O’Leary es ernst meint. Aber wie ich O’Leary kenne, ist letzteres gar nicht mal so unwahrscheinlich.

Auf ihrer Homepage fragt Ryanair die Kunden, ob sie auch stehend fliegen würden und illustriert diese Möglichkeit auch gleich mit einer schematischen Grafik. Stehplätze sollen auf Flügen bis zu einer Stunde Dauer angeboten werden und kostenfrei sein (wie man Ryanair kennt, kommen da wohl am Ende noch einige Gebühren dazu: Kreditkartengebühr, Gurtbenutzungsgebühr, Sicherheitsgebühr, Buchungsgebühr…).

In der Sache fände ich das ja gar nicht so schlecht. In vielen Zügen/Bussen stehen die Passagiere auch länger als eine Stunde, und niemand regt sich darüber auf. Und ob es nun so viel bequemer ist, eine Stunde in einem Flugzeug zu sitzen als zu stehen, wage ich auch zu bezweifeln.

Ob Ryanair es nun wirklich ernst meint, steht aber doch etwas in Frage angesichts eines Youtube-Videos, auf das Ryanair verlinkt: “Ryanair’s corporate song – I’m still standing“. Das Video ist eine Satire eines irischen Radiosenders, in dem O’Learys Geschäftsgebaren aufs Korn genommen wird, insbesondere der Umgang mit den Passagieren: “I don’t care if you’re pregnant or elderly”…

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Ach, so fühlt sich das an

Irgendwo las ich vor ein paar Wochen einen Artikel, der das Zusammentreffen zweier Freunde unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg beschrieb. Der eine war unverletzt durch den Krieg gekommen, während der andere einen Schuss in den Kopf erlitten hatte, welcher nicht unmittelbar tödlich gewesen war, jetzt jedoch dazu führte, dass der Betroffene mit der Aussicht auf nur noch wenige Tage zu Hause vor sich hin dämmerte. Als der Freund den Todkranken fragte, wie das war, als die Kugel in seinen Schädel eindrang, sagte der, sein einziger Gedanke sei gewesen: “Ach, so fühlt sich das an”.

Genau den gleichen Gedanken hatte ich am Montag nachmittag, als ich in der Neurologie der Uni-Klinik Kiel in einem fensterlosen Kellerraum saß und mir eine (überaus kompetent scheinende und freundliche) Assistenzärztin mit einer gar nicht so dünnen Hohlnadel auf Hüfthöhe zwischen zwei Wirbeln in den Rücken stach, um Nervenwasser für eine Untersuchung abzunehmen. Schmerz war es an sich kaum, nur eben das merkwürdige Gefühl, dass diese Hohlnadel dort eigentlich nicht hingehört.

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Kressmann Taylor: Adressat unbekannt (1000 Bücher: 9)

Kressmann Taylor: Adressat unbekannt, New York 1938.

Der Holocaust ist ein Verbrechen, welches selbst in der Rückschau schwer begreiflich ist. Umso mehr Anerkennung gebührt der amerikanischen Journalistin Kressmann Taylor, die bereits 1938 den Völkermord an den Juden erschreckend weitgehend vorausgeahnt hat.

“Adressat unbekannt” ist ein dünnes Büchlein, das mit einem Vorwort von Elke Heidenreich gerade einmal 60 Seiten umfasst. Es gibt den fiktiven Briefwechsel eines amerikanischen Juden und eines Deutschen zur Zeit der Machtergreifung Hitlers wieder. Am Anfang noch Geschäftspartner und Freunde, wird der Deutsche bald zum Anhänger des Nationalsozialismus und die Freundschaft wird zu Feindschaft, bevor der eine am Ende den anderen umbringt. Dies geschieht aber auf so perfide und für den Leser nicht vorhersehbare Weise, dass man erst auf der letzten Seite bemerkt, welches Spiel der eine mit dem anderen gespielt hat. Im Gegensatz zu Elke Heidenreich verrate ich hier nicht, wie. Auf jeden Fall sollte der Leser Heidenreichs Vorwort überblättern und gleich den eigentlichen Text lesen.

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Gremien-Wahlen an der Uni Kiel


Das sind die Stimmzettel, die ich alle ausfüllen muss, wenn ich an den “Wahlen der Studierendenschaft sowie den Gremienwahlen zum Senat und zum Fakultätskonvent Philosophie” der Uni Kiel teilnehmen möchte. Dieses Wahlverfahren kenne ich in dieser Form seit meinem ersten Studienjahr in Kiel (2001). Und noch immer gibt es offenbar Menschen an der Uni, die sich fragen, warum die Wahlbeteiligung Jahr für Jahr so niedrig ist.

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Summer in the city

11.06.2009, vormittags

11.06.2009, vormittags

Ich glaube, der Sommer ist da. Wird Zeit für Kieler Woche.

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Star Trek (1000 Filme: 6)

09.05.2009, 20.10 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,50 €

09.05.2009, 20.10 Uhr, Cinemaxx Kiel (Saal 2), 5,50 €

Ich war skeptisch. Sehr skeptisch. Star Trek mit neuen Schauspielern für die alte Crew der ersten Serie, die einst (von 1966 bis 1969) produziert worden war? Schon allein diese Idee, so schien es, war ein Sakrileg.

Trotzdem, es hat funktioniert. Das lässt sich wohl am besten daran festmachen, dass man auch diejenigen Charaktere, deren neue Schauspieler den alten nur begrenzt ähnlich sehen, sofort anhand ihrer Sprech- und Ausdrucksweise und ihrer liebenswert gewordenen Macken erkennt. (Besonders bei McCoy ist dies wirklich faszinierend.) Der Film zeigt die Anfänge der ersten Enterprise-Crew, spielt also vor der ersten Serie. Gleichzeitig sorgen einige Tricks mit dem Raumzeitkontinuum dafür, dass mit den Ereignissen dieses Films eine von der Originalserie abweichende Realität geschaffen wurde, so dass man – bei eventuellen Fortsetzungen – nicht an die Ereignisse des “Kanons” gebunden ist.

Trotz viel Schall und Rauch ist Star Trek im Kern ein Film, der die Entwicklung einer Freundschaft erzählt, nämlich derer von Kirk und Spock, deren erste Begegnung gezeigt wird und die sich zunächst furchtbar in die Wolle geraten. Der aus der Zukunft angereiste Original-Spock, gespielt von dem originalen Leonard Nimoy, bringt schließlich auch das ins Lot, wenn auch nebenbei der Planet Vulkan zerstört wird. Hunderte kleiner Anspielungen auf andere Filme und Serien von Star Trek zeigen, dass die Macher den Franchise nicht entführt haben, sondern würdig weiterführen. Gerade nach den letzten Kinofilmen (vor allem dem unsagbar schlechten Star Trek X) war ich der Auffassung, dass Star Trek nun endgültig tot sei. Nun, Spock war ja bekanntlich auch schon mal tot und hat danach noch eine eindrucksvolle Karriere als vulkanischer Botschafter hingelegt. Mit diesem Film ist Star Trek im 21. Jahrhundert angekommen; und es ist wieder quicklebendig.

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Arg und erger


Ich will auch kein Erger, nur 50 €.

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Georg Büchner: Der Hessische Landbote (1000 Bücher: 8)

Georg Büchner: Der Hessische Landbote, Offenbach 1834.

Vor ein paar Tagen fiel mir ein altes Reclam-Heft aus vergangenen Schülertagen in die Hände: Georg Büchners Hessischer Landbote. Die 17 Seiten waren schnell (während der Wartezeit beim Friseur) gelesen. Büchner hat dieses Pamphlet 1834 verfasst; er wollte die von der adeligen Herrschaft unterdrückte Bevölkerung wachrütteln und zu einem Aufstand bewegen nach Vorbild der Französischen Revolution: “Friede den Hütten! Krieg den Palästen!”. Das wusste ich noch aus meinem Grundkurs Deutsch. Aber bei der erneuten Lektüre sind mir noch zwei neue Punkte aufgefallen.

Zum einen ist der Text von vorne bis hinten mit religiöser Metaphorik durchsetzt und stellt die gewünschte Revolution auch in einen heilsgeschichtlichen Kontext: “Deutschland ist jetzt ein Leichenfeld, bald wird es ein Paradies sein.” Auf jeder Seite des Aufrufs wird das Geschehen der Vergangenheit und die Revolution der Zukunft religiös erklärt, wird Gott sogar als Verantwortlicher genannt für geschehenes Unrecht:

Weil das deutsche Reich morsch und faul war und die Deutschen von Gott und von der Freiheit abgefallen waren, hat Gott das Reich zu Trümmern gehen lassen, um es zu einem Freistaat zu verjüngen. Er hat eine Zeitlang den Satansengeln Gewalt gegeben, daß sie Deutschland mit Fäusten schlügen

Büchners Aufruf endet:

Ihr wühlet ein langes Leben die Erde auf, dann wühlt ihr euren Tyrannen ein Grab. Ihr bauet die Zwingburgen, dann stürzt ihr sie und bauet der Freiheit Haus. Dann könnt ihr eure Kinder frei taufen mit dem Wasser des Lebens. Und bis der Herr euch ruft durch seine Boten und Zeichen, wachet und rüstet euch im Geiste und betet ihr selbst und lehrt eure Kinder beten: “Herr, zerbrich den Stecken unserer Treiber und laß dein Reich zu uns kommen – das Reich der Gerechtigkeit. Amen.”

Mich hat diese religiöse Rhetorik sehr an islamische Heilsversprechen der Gegenwart erinnert (auch wenn es da natürlich große Unterschiede gibt). Büchners Revolution, wenn sie denn gekommen wäre, wäre eine sehr fromme Revolution gewesen.

Die zweite bemerkenswerte Eigenschaft an Büchners Text betrifft die soziale Frage. Der Hessische Landbote prangert nicht nur die mangelnde Freiheit an, sondern auch die himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit des Spätfeudalismus:

Der Bauer geht hinter dem Pflug, der Vornehme aber geht hinter ihm und dem Pflug und treibt ihn mit den Ochsen am Pflug, er nimmt das Korn und läßt ihm die Stoppeln. Das Leben des  Bauern ist ein langer Werktag; Fremde verzehren seine Äcker vor seinen Augen, sein Leib ist eine Schwiele, sein Schweiß ist das Salz auf dem Tische des Vornehmen.

Doch geht es Büchner nicht um staatliche Transferleistungen, sondern um eine Reduzierung der Steuerlast. Detailliert schildert Büchner, Haushaltsposten für Haushaltsposten, wer die Steuern zahlt und wofür sie verwendet werden. Die soziale Frage, so bekommt man den Eindruck, ließe sich nach Büchners Vorstellung vor allem durch Steuersenkungspolitik und Bürokratieabbau lösen:

Für das Ministerium des Innern […] werden bezahlt 1.110.607 Gulden. Dafür habt ihr einen Wust von Gesetzen, zusammengehäuft aus willkürlichen Verordnungen aller Jahrhunderte, meist geschrieben in einer fremden Sprache. Der Unsinn aller vorigen Geschlechter hat sich darin auf euch vererbt, der Druck, unter dem sie erlagen, sich auf euch fortgewälzt.

Für Büchner gehen Freiheitlichkeit und eine Verbesserung der sozialen Frage Hand in Hand. Ein freiheitlicher Staat ist die Bedingung für ein menschenwürdiges Leben. Von Büchner könnten viele linke Politiker, die allein in Umverteilung die Lösung von sozialen Missständen sehen, eine Menge lernen.

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Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein (1000 Bücher: 7)

Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklichsein, München 1983.

O je! O weh! Was soll ich tun? Mich faßt Verzweiflung! O Jammer und Not! Ojeoje, ojemine! Die Sorgen! O Verzweiflung! O drohend Ungemach! Ach, ach, so grauenvolle Untat ward noch nie begangen! O weia, o weia!

O je! O weh! Was soll ich tun? Mich faßt Verzweiflung! O Jammer und Not! Ojeoje, ojemine! Die Sorgen! O Verzweiflung! O drohend Ungemach! Ach, ach, so grauenvolle Untat ward noch nie begangen! O weia, o weia!

Hier kann ich es kurz machen. Watzlawick und ich sind miteinander nicht warm geworden. Vielleicht lag es daran, dass ich das Buch als Wartezimmerlektüre ausgesucht hatte, vielleicht daran, dass ich mich nicht als unglücklichen Mensch beschreiben würde. Gut, manche der Mechanismen, mit denen wir uns unsere eigene Existenz schwerer machen als notwendig, kamen mir bekannt vor, sei es aus eigener Erfahrung oder aus der Beobachtung der Mitmenschen. Aber ich fand das alles dermaßen zäh erzählt, dass ich nach knapp drei Vierteln das Buch aus der Hand gelegt habe.

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